Adventskalender | 10. Dezember: Das größte Geschenk

Aloha, Weihnachtselfen! Lust auf ein neues Kapitel des Weihnachtsgeschichten-Adventskalenders? Ich tippe mal: Ja – sonst hättet ihr den Artikel ja nicht angeklickt. Heute mit einer Kurzgeschichte, die als Vorlage für einen der berühmtesten Weihnachtfilme überhaupt diente:

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The Greatest Gift

von Philip Van Doren Stern

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Nicht schlimm, falls euch der Name jetzt nichts sagt. Denn bestimmt habt ihr dafür schon mal vom Film It’s a Wonderful Life (Ist das Leben nicht schön?) gehört. Es ist einer der meistgeliebten Filme auf diesem Planeten – ganz besonders zur Weihnachtszeit. Was aber viele nicht wissen: Der Film basiert auf Philip van Doren Sterns Kurzgeschichte The Greatest Gift. Die bekommt aber im Vergleich zum Film meist wenig Aufmerksamkeit, daher wollte ich ihr hier mal welche zuteil werden lassen. (Achtung: Spoilers Ahead!)

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In Van Doren Sterns Kurzgeschichte geht es um den Bankangestellten George. Er ist unzufrieden mit sich und der Welt und steht am Heiligen Abend auf einer Brücke mit dem Gedanken, sich das Leben zu nehmen. Doch dann taucht ein geheimnisvoller Fremder auf und verwickelt ihn ein Gespräch.

„I wouldn’t do that if I were you,“ a quiet voice beside him said…

George erklärt dem Fremden, er habe nie etwas Interessantes oder Wichtiges in seinem Leben getan, während andere ständig aufregende Dinge erleben würden und etwas aus sich gemacht hätten. Es mache keinen Unterschied, so George, ob er existieren würde oder nicht, und dass er wünschte, nie geboren worden zu sein.
Der Fremde ist nicht nur geheimnisvoll, sondern offenbar auch mit magischen Fähigkeiten gesegnet, denn er gewährt George seinen Wunsch. Daraufhin erlebt George eine Welt, in der er nie existiert hat – seine Familie und Freunde erkennen ihn nicht mehr. In dieser Welt geht es vielen von ihnen schlechter und George erkennt, welchen Einfluss seine – in seinen Augen „unnütze“ – Existenz auf das Leben anderer genommen hat.

Wir haben uns alle vielleicht schon einmal gefragt, ob das was wir tun „wichtig“ genug ist. Gerade das Jahresende ist eine Zeit der Selbstreflektion und John Lennon fragt aus den Radiogeräten heraus ständig anklagend: „So this is Christmas – and what have you done?“ Wir und George lernen aus dieser Geschichte, dass wir andere Leben beeinflussen, manchmal ohne es selbst zu bemerken. Nach dieser Erkenntnis kehrt George zur Brücke zurück, um den Fremden zu bitten, sein Leben – das größte Geschenk, das es gibt – zurückzubekommen.

“I understand right enough,” the stranger said slowly. “I just wanted to make sure you did. You had the greatest gift of all conferred upon you—the gift of life, of being a part of this world and taking a part in it.“

Die Idee zu The Greatest Gift kam van Doren Stern in einem Traum und er begann 1939 damit, sie in Worte zu fassen. Heraus kam schließlich eine rund 4000 Wörter lange Story. Dem Autor gelang es allerdings nicht, einen Verlag für seine Geschichte zu finden. Um sie nicht umsonst geschrieben zu haben, ließ er 200 Booklets mit der Geschichte erstellen, die er 1943 an Freunde und Verwandte als Weihnachtsgruß verschickte. Das sollte sich später als ausgesprochen gute Idee herausstellen, denn eine der „Weihnachtskarten“ fiel dem Produzenten David Hempstead in die Hände, der für RKO Pictures arbeitete. Vier Monate später, im April 1944, kaufte RKO Pictures die Filmrechte für die Geschichte für 10.000 Dollar (das entspricht heute rund 124.000 Dollar). Nachdem mehrere Drehbuchautoren an Adaptionen gearbeitet hatten, verkaufte RKO 1945 die Rechte für das Drehbuch weiter an die Produktionsfirma von Frank Capra, der auch Regie bei dem Film führen würde, der daraus entstand: It’s a Wonderful Life.

Als van Doren Stern die Filmrechte für The Greatest Gift verkaufte, war die Erzählung noch nicht einmal wirklich veröffentlicht worden. Das Buch erschien erst im Dezember 1944 und kurz darauf wurde die Geschichte außerdem in diversen Magazinen wie
Reader’s Scope und Good Housekeeping (dort unter dem Titel The Man Who Was Never Born) veröffentlicht.

Lang zu lesen hat man freilich nicht an dem Buch. Die Ausgabe, die ich gelesen habe (Simon&Schuster), ist zwar mit wunderschönen Illustrationen von Andrew Davidson und vielen Hintergrundinformationen ausgestattet, kommt aber trotzdem nur auf 55 Seiten. Das hat aber natürlich auch Vorteile: Man kann die Geschichte in einem Rutsch durch- oder sie anderen vorlesen. Bereuen wird man das definitiv nicht, denn The Greatest Gift ist wirklich eine wunderschöne Weihnachtsgeschichte. Kurzweilig, mit herrlich winterlicher Atmosphäre, Lebensfreude und einer aufmunternden Botschaft: You matter – du bist wichtig.
Außerdem eignet sich ein Buch mit dem Titel The Greatest Gift natürlich perfekt als Weihnachtsgeschenk. Wäre das nicht ein schöner Lacher unter dem Weihnachtsbaum, wenn man ein Geschenk auspackt, auf dem schon draufsteht, dass es das beste Geschenk ist? HAHA! Nein? Okay, ich finde selbst nach draußen.
(Aber ich komm morgen wieder!)

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P.S. Ich habe eine Weile gesucht, aber ich habe keine deutsche Übersetzung der Geschichte gefunden. Ich vermute fast, sie ist bisher nie auf Deutsch erschienen.)


Infos zum Buch
Titel: The Greatest Gift (Illustrated)
Autor: Philip van Doren Stern
Illustrationen: Andrew Davidson
Verlag: Simon & Schuster
ISBN-13: 978-0857523211

There are 4 comments

  1. nina. aka wippsteerts

    Eine wunderschöne Hintergrundgeschichte und eine schöne Geschichte auch als Film. Allerdings muss ich Dich ein einziges Bisschen verbessern, denn die Hauptrolle spielte James Stewart und Capra war der Regisseur.
    Ein unvergessenen Film zum Fest.
    Danke für die ganzen Mühen, die Du Dir übrigens gemacht hast.
    Liebe Grüße
    Nina

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    1. Karo

      Aaaaah, danke! Du hast natürlich recht – wird gleich verbessert. Manchmal funktioniert mein Gehirn nicht mehr so gut bei all den Weihnachtsgeschichten 😁

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