Von Mary Russell bis Mycroft Holmes – 4 Lesetipps für Sherlock Holmes Fans

Sherlockianische Grüße, ihr Lieben! Es ist ja tatsächlich schon eine ganze Weile her, dass ich euch so begrüßt habe und es hier etwas zum Thema Sherlock Holmes zu lesen gab. Aber heute kehren wir endlich einmal in die Welt des wohl berühmtesten Detektivs der Welt zurück. Gibt es dafür einen speziellen Anlass? In der Tat! Ihr erinnert euch vielleicht noch, dass Ant1heldin und ich bei den #bakerstreetblogs nicht nur viel über Sherlock Holmes gebloggt haben, sondern dass einige unserer Artikel auch im Hörbuchformat beim Maritim Verlag erschienen sind – gesprochen von Ulrike Johannson, mit atmosphärischer Geräuschkulisse, Musikbegleitung und Ausschnitten aus den berühmten Sherlock Holmes Hörspielen mit Peter Groeger und Christian Rode. Bisher sind davon zwei Folgen erschienen. Heute feiern wir die Veröffentlichung von Folge 3! (Ihr dürft euch mich grade konfetti-schmeißend vorstellen.) Es geht in dieser Folge um die besten und schlechtesten Sherlock Holmes Geschichten, das Sherlock Holmes Fandom und die Frage, ob Sherlock Holmes es geschafft hätte, den Ripper-Fall zu lösen. Wenn ihr reinhören wollt, führt euch dieser Link zum Hörbuch-Anbieter eures Vertrauens: KLICK. Wir freuen uns, wenn ihr uns euer Ohr leiht.

Zur Einstimmung auf das Thema Holmes gibt es von mir heute mal wieder sherlockianischen Buch-Talk. In der nächsten Woche – zum Release von Folge 4 der Hörbücher – gibt es bei Ant1heldin dann einen weiteren Artikel.
Aber nun, ohne weitere Vorrede, auf zu den Detektiv-Abenteuern! Ich habe in letzter Zeit einige davon gelesen. Die 4 Bücher und Buchreihen, die mir dabei – aus unterschiedlichsten Gründen –besonders im Gedächtnis geblieben sind, stelle ich euch hier vor. Los geht’s!

Vom Bühnenrand ins Scheinwerferlicht

Die Mycroft Holmes Reihe von Kareem Abdul-Jabbar und Anna Waterhouse

Kareem Abdul-Jabbar würden die meisten Menschen vermutlich nicht unbedingt mit Sherlock Holmes, sondern mit Basketball, assoziieren. Doch der ehemalige NBA-Spieler ist nicht nur eine Basketball-Legende, sondern auch ein langjähriger Sherlock Holmes Enthusiast. Für die Mycroft Holmes Pastiche Romane hat er sich mit Screenwriterin Anna Waterhouse zusammengetan. Das Zweierteam hat bereits 3 Bücher geschrieben: Mycroft Holmes (2015), Mycroft and Sherlock (2018) und Mycroft & Sherlock: The Empty Birdcage (2019).

Mycroft Holmes, der ältere Bruder von Sherlock, ist in den Original-Geschichten von Arthur Conan Doyle nur ein Nebencharakter, den wir nicht besonders häufig zu Gesicht bekommen. Tatsächlich erfährt selbst der gute Watson erst nach einigen Jahren des Zusammenlebens mit Holmes, dass der Detektiv überhaupt einen Bruder hat. Kareem Abdul-Jabbar und Anna Waterhouse machen diese Nebenfigur in ihren Romanen nun zu einem komplexen Protagonisten.
Mycroft Holmes ist in diesen Büchern noch recht jung – Mitte 20 – und startet gerade erst eine Karriere in der britischen Regierung. Er ist hochintelligent, energisch, aufgeweckt, nach außen hin verschlossen, aber mit einem Innenleben, das ihn teilweise gar romantisch und verträumt erscheinen lässt. Als Leser:in feuert man Mycroft stets an – er ist unerwartet sympathisch – und fragt sich permanent, wie aus diesem jungen Mann am Ende der Mycroft wird, den wir aus den Holmes Geschichten kennen: Fett, energielos, zurückgezogen, aber im Hintergrund die Fäden der britischen Regierung ziehend. Die Bücher deuten jedoch schon eine mögliche Erklärung an – ich möchte hier jedoch nicht zu viel verraten, sondern euch lieber empfehlen, es selbst herauszufinden 😉

Das Besondere an dieser Reihe ist, dass sie einen Blick auf das britische Empire wirft, den es so in den Originalen und auch vielen anderen Pastiches nicht gibt. Abdul-Jabbar und Waterhouse hatten nach eigener Aussage kein Interesse daran, noch eine weitere Sherlock Holmes Geschichte zu schreiben, in der POC-Charaktere (Persons of Colour) keine Rolle spielen, da dies die Realität zu viktorianischen Zeiten einfach nicht abbildet. Mycrofts bester Freund in diesen Büchern ist Cyrus Douglas, Abenteurer und Inhaber eines Shops für exklusive Zigarren. Allerdings hat er ein englisches Ehepaar angestellt, das vorgibt, den Shop zu führen und Cyrus als Gehilfe zu beschäftigen. Denn Cyrus stammt aus Trinidad. Seine Hautfarbe ist der Grund dafür, dass er selbst nicht in den Kontakt mit Kunden treten kann, weil sie ihn als Geschäftsmann nicht anerkennen würden und auch der Grund dafür, dass Mycroft und Cyrus ihre Freundschaft, aufgrund von damals vorherrschenden Ansichten und Gesellschaftssystem, nicht offen ausleben können. Cyrus muss immer so tun, als wäre er Mycrofts Kammerdiener, wenn sich die beiden in der Öffentlichkeit zeigen. Das ist zwar aus heutiger Sicht schockierend, erlaubt aber eine interessante Einsicht in die Gesellschaft zu dieser Zeit.
Der erste Band schickt die beiden in Cyrus’ Heimat, Trinidad und Tabago, wo sie einem ekelhaften Sklavenhandel-Ring das Handwerk legen müssen.

Der zweite Band, Mycroft and Sherlock, ist für mich der stärkste der Reihe. (Man kann ihn übrigens auch lesen, ohne Band 1 vorher gelesen zu haben. Ich habe das so gemacht und hatte keine Probleme.) Auch dieser Roman zeichnet sich durch einen ungeschönten Blick auf das britische Königreich aus. Es geht hier unter anderem um den Opium-Handel und die Nachwirkungen der „Opiumkriege“ – ein dunkles Kapitel im Buch des britischen Imperialismus. Das Lesen lohnt sich allein schon deshalb, weil die Darstellung des britischen Königreichs ganz ohne „Wir sind ein hamrloser, kleiner Inselstaat und lieben nichts mehr, als unsere Königin“-Romantisierungen und Beschönigungen auskommt.
In diesem Band rückt außerdem auch Mycrofts berühmter Bruder Sherlock, stärker in den Fokus. Sherlock ist hier noch weit entfernt von dem kompetenten Detektiv, den wir kennen. Er ist ein Teenager, ein ziemliches Arschloch und bringt sich durch seinen Drang, sich zu beweisen, selbst in große Gefahr. Die Beziehung der beiden Brüder ist geprägt von kleinen Machtkämpfen, elterlicher Fürsorge seitens Mycroft und teenagerhafter Rebellion und gleichzeitiger Suche nach Anleitung seitens Sherlock.

Im dritten Band – The Empty Birdcage – geht es um einen Serienmörder, dem auch ein Mitglied der königlichen Familie zum Opfer fällt. Queen Victoria persönlich bittet Mycroft, der sich inzwischen einen guten Ruf in Regierungskreisen erarbeitet hat, um die Aufklärung des Falls. Als Sherlock davon erfährt, drängt seinen großen Bruder so lange, bis er ihn schließlich mit den Ermittlungen betraut. Sherlocks erster großer Fall! Derweil befasst Mycroft selbst sich mit einem anderen Problem, das ihn auf die Spur eines Waffenhändlers führt. In beiden Fällen liegt Gier in der Wurzel des Bösen, gegen das die beiden Brüder nun kämpfen müssen.

Ich kann diese Reihe wirklich absolut empfehlen! Beide Daumen zeigen nach oben für diese spannenden Abenteuer, die tolle Figurendynamik und den ungeschönten Blick auf das britische Empire. Ich hoffe, da kommen noch viele, viele weitere!

Der Stoff, aus Nerd-Träume gemacht sind

Elementary, She Read“ aus der „Sherlock Holmes Bookshop Mystery“-Reihe von Vicki Delany

Träumt ihr eigentlich manchmal davon, einen Buchladen zu besitzen? Ja? Ich auch! Meiner wäre ein Sherlock Holmes Bookshop. Ich verliere mich gerne in Tagträumen, in denen ich Veranstaltungen in diesem Buchladen plane, die besten sherlockianischen Bücher in die Regale sortiere und allen möglichen nerdigen Schnickschnack zur Deko und natürlich zum Verkauf bereitstelle.  Daher war ich mehr als entzückt, als ich herausfand, dass es eine Pastiche-Reihe von Vicki Delany gibt, die in genau so einer Buchhandlung spielt. Elementary, She Read ist der erste Band der „Sherlock Holmes Bookshop-Reihe, die mittlerweile 6 Teile umfasst.

Anders als in den originalen Geschichten verlassen wir hier allerdings London und das viktorianische Zeitalter. Die Reihe spielt in der heutigen Zeit in einem beschaulichen Küstenörtchen in den USA. Dort betreibt Gemma Doyle das „Sherlock Holmes Bookshop and Emporium“. Gemma ist hochintelligent, hat eine akribische Beobachtungsgabe und wirkt von außen betrachtet ein wenig emotionslos. Erinnert das an jemanden? Richtig, Gemma fungiert hier als Holmes Figur. Eine/n Watson hat sie auch – sie heißt Jayne und betreibt ein Café namens „Mrs. Hudson’s Tea-Shop“, das sich direkt neben Gemmas Shop befinden. Wenn allein dieses Setting das Sherlockianer-Herz nicht zum Leuchten bringt, dann weiß ich auch nicht. Hinzu kommt, dass es in diesem Buch um eine extrem wertvolle Erstausgabe von „A Study in Scarlet“ – dem ersten Sherlock Holmes Roman – geht, für die einige offenbar über Leichen gehen. Was folgt, ist ein klassischer Whodunit, in dem Gemma und Jayne versuchen, dem Mysterium auf die Spur zu kommen. Dabei geraten sie allerdings selbst ins Auge der Polizei-Ermittler.
Es ist richtig schöne Cosy Crime Unterhaltung – nicht zu blutig oder nervenaufreibend, aber mit genug kleinen Plot-Twists und falschen Fährten, um die Aufmerksamkeit der Leser:innen zu fesseln.
Anders als in den Original-Stories haben wir hier nicht die Watson-Figur als Erzähler, sondern die Holmes-Figur – in diesem Fall Gemma. Das ist einerseits vorteilhaft, weil wir dadurch Einsichten in Charakter und Denkweisen bekommen, die es in den Original-Geschichten so nicht geben könnte. Andererseits sorgt das streckenweise dafür, dass die Holmes-Magie ein wenig abhanden kommt. Was ich damit meine ist, dass man beim originalen Holmes erst erfährt, wie er zu einer Lösung kam, nachdem er Watson seinen Denkprozess und seine Deduktionen erklärt hat. Dann schlägt man sich an die Stirn und sagt: „Ja klar, das hätte ich mir auch denken können!“ Bei Gemma weiß man sofort, worauf ihre Deduktionen fußen – zumindest, wenn man etwas Krimi-Lese-Erfahrung hat. Es ist daher ein wenig mühsam, dass sie ihren Denkprozess später anderen Personen im Buch erklären muss.

Aber nichtsdestotrotz war Elementary, She Read ein unterhaltsamer Krimi mit einem tollen Setting (meinem persönlichen Lebenstraum: einem Sherlock Holmes Buchladen). In der Geschichte tummeln sich außerdem viele Holmes-Leckerbissen, exzentrische Sherlock-Holmes Fans und Fun-Facts, um jedes Sherlockianer-Herz glücklich zu machen. Ich werde definitiv mehr von dieser Reihe lesen!

Muss man gelesen haben – oder etwa doch nicht?

Die Mary Russell Reihe von Laurie R. King

Glaubt man den unzähligen Empfehlungen in Sherlock Holmes Foren, Artikeln und Buchportalen, dann MUSS man die Mary Russell Reihe von Laurie R. King lesen, wenn man Sherlock Holmes liebt. Ob das wirklich stimmt, wollten Sabine von Ant1heldin und ich nun endlich einmal herausfinden. Und so widmeten wir uns dem ersten Band der Mary Russell Reihe, The Beekeeper’s Apprentice, im Buddy-Read.

Mary Russell ist am Anfang der Reihe 15 Jahre alt. Ihre Eltern und ihr Bruder sind kürzlich bei einem Autounfall ums Leben gekommen – Mary muss sich allein durchschlagen. Bei einem Spaziergang in Sussex trifft sie Sherlock Holmes, der sich hier zur Ruhe gesetzt hat, um Bienen zu züchten. Das ungleiche Paar freundet sich schnell an. Der immense Altersunterschied scheint kein Problem darzustellen, denn Mary ist Sherlock Holmes schon in ihren jungen Jahren intellektuell und auch von ihrem Esprit her gewachsen.  Es kommt wie es kommen muss… Mary bekommt eine Detektiv-Ausbildung von Holmes! Bald schon müssen sie ihren ersten gemeinsamen Fall lösen und eine entführte Diplomatentochter finden. Doch es steckt noch mehr dahinter und Holmes und Mary müssen bald einen Killer finden, der beiden nach dem Leben trachtet.

Ich muss wirklich sagen, dieser erste Band hat mich ziemlich beeindruckt. Nicht mal unbedingt wegen des Falls an sich – die Auflösung fand ich sogar ein wenig enttäuschend und zu konstruiert. Sondern weil Mary Russell eine so großartige Figur ist! Egoistisch, intelligent, feministisch und entschlossen, ist sie eine extrem interessante Partnerin für Mr. „Victorian-Gentleman“ Holmes. Anders als sein ursprünglicher Partner, Watson, macht sich Mary schon in jungen Jahren sehr viel unabhängiger von Holmes und geht ihren Weg – verzieht sich z.B. nach Oxford, wenn sie mal keine Lust mehr auf Holmes hat – nimmt nicht treudoof Befehle entgegen und entdeckt Dinge, die Holmes verborgen bleiben. Und doch ist sie keine glattgebügelte Heldin, sondern ist verletzlich und wird durch Schicksalsschläge gebeutelt.
Marys Blick auf Holmes ist außerdem extrem faszinierend. In den Original-Geschichten ist Watson bekanntlich der Erzähler. Seine Sicht auf Holmes kommt einer Heldenverehrung gleich, die stets darauf abzielt, Holmes‘ genialen Verstand, der so ganz arbeitet als sein eigener, in den Fokus zu setzen. Marys Blick auf Holmes ist frei von verklärtem In-den-Himmel-loben. Holmes‘ Intelligenz beeindruckt Mary nicht besonders, weil sie ihrer eigenen entspricht. Dadurch wirkt Holmes fragiler, emotionaler, menschlicher. Diese Perspektive und der Einblick, den sie ermöglicht, war mir als Holmes-Fan fast unangenehm – aber sie war auch extrem interessant. Schon allein deshalb habe ich The Beekeeper’s Apprentice regelrecht verschlungen. Sofort nach dem Auslesen griff ich dann gleich zu Band 2 – A Monstrous Regiment of Women. Aber hier ging dann für mich dann alles schief. Wobei…ich war eigentlich eingangs ziemlich angetan von diesem Fall, in dessen Mittelpunkt die charismatische Anführerin einer religiösen Suffragetten Begegnung steht. Aber auf den letzten Seiten kam Laurie R. King plötzlich mit Kitsch um die Ecke, der mich wie ein Brecheisen vor den Kopf traf. All die mühsam aufgebauten Figurenzeichnungen und Charakterentwicklungen segelten plötzlich in hohem Bogen davon. Alles nur, um eine Szene einzubauen, die selbst in der schmalzigsten Seifenoper noch übers Ziel hinausschießen würde. Ich erspare euch die Details und die Spoiler. Ich bin in jedem Fall unschlüssig, ob ich die Mary Russell Reihe nun noch weiterlesen möchte… Aber: Den ersten Band kann ich ruhigen Gewissens empfehlen 😉

Von der Notwendigkeit, den Mind Palace zu ordnen

Mastermind: How to Think Like Sherlock Holmes von Anna Konnikova

Bücher, die versprechen, die Denkweisen von Sherlock Holmes zu erklären gibt es viele. Zum Beispiel auch How to think like Sherlock von Daniel Smith, um nur mal ein Beispiel anzuführen. Ich habe diese Bücher bisher gemieden. Erstens, weil ich dachte, dass sie sich nur mit dem Namen „Sherlock Holmes“ schmücken, ohne tatsächlich in die Geschichten einzusteigen oder sich mit dem Charakter auseinanderzusetzen. Zweitens, weil ich annahm, dass selbst wenn sie das täten, das Thema gar nicht genug hergeben würde, um ein ganzes Buch damit zu füllen. „Denken wie Sherlock Holmes“ – was soll das beinhalten? Genau beobachten, Unwesentliches herausfiltern, Wahrscheinlichkeiten abwägen und dann logische Schlüsse ziehen. Oder um es mit den Worten von Holmes auszudrücken: „When you have eliminated the impossible, whatever remains, however improbable, must be the truth“. Kann man das nicht auch auf 5 Seiten erklären?
Der gute Goodreads Algorithmus wurde jedoch nicht müde, mir Mastermind: How to think like Sherlock Holmes von der Psychologin Maria Konnikova vorzuschlagen. Also habe ich das Buch letztendlich doch irgendwann gekauft. Und was soll ich sagen? Ich lag vollkommen falsch mit meinen Annahmen. Vielen Dank an den unermüdlichen Algorithmus für diese Lektion!

In diesem Buch lernt man nicht nur, wie Sherlock Holmes denkt, sondern zunächst einmal wie wir Menschen allgemein denken, wie unsere Wahrnehmung funktioniert und wie einfach sie zu beeinflussen ist. Durch das Buch führt eine sehr ansprechende und einfach verständliche Analogie: „System Watson“ und „System Holmes“ – beide stecken in jedem unserer Köpfe. Das „System Holmes“ ist fokussiert, beschränkt sich auf das Wesentliche, beobachtet genau und zieht erst dann Schlüsse. „System Watson“ kann dagegen einfach abgelenkt und beeinflusst werden, urteilt subjektiv und zieht nur allzu gern Schlüsse, ohne alle Fakten zu kennen. Ihr dürft nun dreimal raten, welches der beiden Systeme unsere „Werkseinstellung“ ist und meist die Entscheidungen für uns trifft. Richtig, es ist „System Watson“. In dem Buch geht es darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wir das Holmes System in unserem Hirn besser trainieren können, wie wir achtsamer wahrnehmen können, wie wir die „Brain Attic“ – oder den „Mind Palace“, wie er bei BBC Sherlock heißt – aufgeräumt halten und dadurch letztendlich bessere Entscheidungen treffen können. Das ist ausgesprochen faszinierend und ich habe in diesem Buch unglaublich viel darüber gelernt, wie unser Verstand, unsere Erinnerung und unsere Wahrnehmung funktionieren. Konnikova führt dabei verschiedenste wissenschaftliche Studien an, die ihre Thesen untermauern. Hier ist also nichts aus der Luft gegriffen. Es gibt außerdem kleine Übungen und Tests in diesem Buch, mit denen man das Gesagte quasi selbst erleben kann. Darüber hinaus kommen Holmes und Watson auch selbst oft zu Wort. In dem Buch tummeln sich viele Textstellen und Beispielen aus den Original-Geschichten. Die kleine Schwachstelle des Buches ist allerdings, dass in die gewählten Textstellen vielleicht manchmal eine Spur mehr hineininterpretiert wird, als sie eigentlich hergeben. Aber das dient natürlich einem guten Zweck: Menschliche Denkweisen mit Holmes und Watson zu erklären. Für mich die schönste Methode, Wissen zu vermitteln. Maria Konnikova beweist hier nicht nur, dass sie anschaulich erklären kann, wie unser Gehirn funktioniert, sondern auch, dass sie eine echte Sherlock Holmes Enthusiastin ist. Von mir gibt es daher eine klare Leseempfehlung!


So liebe Freund:innen der sherlockianischen Unterhaltung, ich hoffe, es war etwas Spannendes für euch dabei. Dieses kleine Best-Of meiner sherlockianischen Lektüre der letzten Monate geht nun zu Ende. Dazu würden übrigens eigentlich auch noch die Enola Holmes Bücher von Nancy Springer gehören. Aber in dieses Thema steigt Ant1heldin in der nächsten Woche tiefer für euch ein. Dann wartet nämlich ein Artikel über die Bücher und die dann veröffentlichte Netflix-Verfilmung auf euch! Apropos Veröffentlichung: Am nächsten Freitag erscheint auch Folge 4 unserer #bakerstreetblogs Hörbücher. Hört doch bis dahin mal in Folge 1, 2 oder 3 rein. Bis bald!


Infos zu den Büchern:

Mycroft Holmes Reihe
Autoren: Kareem Abdul-Jabbar und Anna Waterhouse
Verlag: Titan Books
Erstveröffentlichung: 2015 (Band 1), 2018 (Band 2), 2019 (Band 3)
ISBN: Mycroft Holmes: 978-1785658075, Mycroft and Sherlock: 978-1785658075, Mycroft & Sherlock: The Empty Birdcage: 978-1785659256
Deutscher Titel: Bisher nicht erschienen

Elementary, She Read (Sherlock Holmes Bookshop Mystery #1)
Autorin: Vicki Delany
Verlag: Crooked Lane Books
Erstveröffentlichung: 2017
ISBN: 978-1683312680
Deutscher Titel: Bisher nicht erschienen

The Beekeeper’s Apprentice (Mary Russell & Sherlock Holmes #1)
Autorin: Laurie R. King
Verlag: Allison & Busby
Erstveröffentlichung: 1994
ISBN: 978-0749008529
Deutscher Titel: Die Gehilfin des Bienenzüchters: Ein Fall für Mary und Sherlock (Rowohlt TB, ISBN: 9783499138850)

Mastermind: How to Think Like Sherlock Holmes
Autorin: Maria Konnikova
Verlag: Penguin Books
Erstveröffentlichung: 2013
ISBN:  978-0143124344
Deutscher Titel: Die Kunst des logischen Denkens: Scharfsinnig analysieren und clever kombinieren wie Sherlock Holmes (Ariston, ISBN: 978-3424200911)

There are 5 comments

  1. nina. aka wippsteerts

    L. R. King habe ich noch als dt Übersetzung von vor ca 20 Jahren (glaube ich) im Keller, im Holmes Regal. (Nein, nicht abgeschoben, da ist einfach so ein Sessel mit alten (aus heutiger Sicht) Krimis) Mir gefiel der erste auch am Besten…
    Die „Brüder“ Bücher stehen schon länger auf meiner Liste, jetzt hoch gerutscht, ganz besonders wg der geschichtlichen Hintergründe!
    Wie Holmes denken schaff ich nicht, gab früher schon mal so was, ich bin eher der Watson, auch viel zu emotional.
    Auf Enola warte ich schon als Besprechung bei Dir. So manche „Jugendbuchreihe Krimi“ hat stark angefangen und dann wurden sie langweilig, herbeigezogen, fantasielos, (das mag ich an Jugendbücjern oft lieber, mehr Fantasie). Die Vorschau für Netflix hat mich sehr neugierig gemacht und natürlich war es mir fast klar, dass Du was darüber bringst.
    Ansonsten… Ja, von so Buchläden den hab ich auch geträumt, zumal mein Beruf. Aber ist echt heftig. Wo man doch alles günstig (nicht die preisgebundenen) online bekommt. „Blackbooks“ (engl Serie) hatte ich schon mal empfohlen, oder?
    Ich bin gespannt, hören,… lesen… Dankeschön
    Liebe Grüße
    Nina

    Gefällt 1 Person

    1. Karo

      Hey Nina, danke für deinen Kommentar 🙂 „Die „Brüder“ Bücher“ ist eine schöne Formulierung. Ich glaube, so nenn ich die Mycroft Reihe nun auch gedanklich immer 😀
      Komplett wie Holmes denken ist tatsächlich anstrengend. Ich glaub auch nicht, dass man das „System Watson“ komplett ausstellen kann. Aber ich fand es ganz interessant zu erfahren, wie unsere Wahrnehmung funktioniert und wie sehr sie beeinflusst wird. Das Buch regt gut dazu an, bewusster und fokussierter wahrzunehmen. Ein paar Dinge haben sich in meinen Alltag eingeschlichen.
      Die Enola Holmes Bücher sind wirklich klasse und der Trailer für den Netflix Film sah echt vielversprechend aus 🙂 Der Artikel dazu kommt aber bei Ant1heldin, nicht bei mir auf dem Blog. Sie ist auch schon durch mit dem Lesen. Ich hab noch ein paar Bücher vor mir.
      Liebe Grüße
      Karo

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