Huch! Es ist ja schon wieder Zeit für den Monatsrückblick. Das ging fix. Im Sommer erscheint mir die Zeit noch schneller zu vergehen als im Winter. Man ist viel draußen, auf Hochzeiten geladen, man grillt, man trinkt, man sitzt auf Terrassen herum – all die schönen, kleinen Dinge, die einen nicht spüren lassen, wie die Zeit an einem vorbeisaust. Und plötzlich ist es schon Juli und man stellt fest, dass man im vergangenen Monat ein extrem faules Stück war, was das Bloggen betrifft. Deshalb gibt es jetzt hier aber wenigstens noch den Rückblick auf den Lesemonat Juni, wenn es sonst schon nicht so viel gibt.
Da mit dem Juni nun auch die erste Hälfte des Jahres vergangen ist, bietet es sich auch mal an, einen Blick auf den Halbzeitstand meiner diesjährigen Reading Challenge zu werfen: 60 Bücher wollte ich im Jahr 2018 lesen, 33 habe ich bisher bereits verschlungen. Ich liege also, trotz extremer Lesefaulheit im April und Mai, wieder ganz gut im Plan.
Im Juni habe ich sechs Bücher gelesen und die Lektüre war bunt gemixt – Sci-Fi, Gedichte, Klassiker, Detektiv-Geschichten und mal wieder, wie in jedem der bisherigen Monate des Jahres, etwas von Edward St Aubyn…
RED DWARF (dt: Roter Zwerg)
Grant Naylor
Beim Namen Grant Naylor kam mir gleich irgendetwas merkwürdig vor. Irgendwie passten Vor- und Nachname nicht so richtig zusammen. Ein Eindruck, der sich bestätigen sollte. Denn Grant Naylor ist in Wirklichkeit zwei Personen: Rob Grant und Doug Naylor. Das Autorenduo hatte Red Dwarf zwar zunächst als Fernsehserie geschaffen, aber nach dem Start der Serie auch als Roman veröffentlicht.
Red Dwarf erzählt die Geschichte eines Erdlings namens Dave Lister, der nach einem unglaublichen Sauf-Trip auf einem Saturn-Mond aufwacht und nun versucht, an Bord des Raumschiffs Red Dwarf zurück zur Erde zu gelangen. Blöd nur, dass die gesamte Crew bei einem nuklearen Unglück ausgelöscht wird, während Lister gerade in einer Kapsel eingefroren ist. Als er nach 3 Millionen Jahren (!) wieder erwacht, sind alle alten Kameraden verschwunden. Alle bis auf ein Hologramm und den mittlerweile etwas altersschwachen Bord-Computer…
Red Dwarf könnte man vielleicht am ehesten als Space-Sitcom bezeichnen. Die Geschichte hat einige sehr witzige Momente, aber glänzt auch nicht gerade mit tiefgründigem Humor. Auch die Story selbst ist nicht besonders ausgefeilt, aber genug, um den Leser am Ball zu halten. Für mich war Red Dwarf gute Unterhaltung für nebenbei.
THE BOOK OF RALPH
Christopher Steinsvold
The Book of Ralph ist ein Sci-Fi Abenteuer mit liebenswürdigen Charakteren, viel Witz und vielen interessanten Ideen. Wer nach einem schönen, absurden Science-Fiction Roman sucht, ist hier an der richtigen Adresse.
Hier geht’s zur ausführlicheren Rezension: The Book of Ralph: Aliens, Nudelsuppe und der Sinn des Lebens
ENGLAND: POEMS FROM A SCHOOL
Kate Clanchy (ed.)
Die Oxford Spires Academy im schönen England hat zwei Besonderheiten. Erstens liegt ihr Fokus auf der Poesie – Schüler werden angehalten und ermutigt, immer und überall Gedichte zu schreiben – und die Kinder und Jugendlichen stammen fast alle aus Einwanderer- und Flüchtlingsfamilien. Englisch ist demnach nicht ihre Muttersprache. Daher sind diese Gedichte aus diesem kleinen Sammelband schon allein sprachlich sehr speziell. Viel beeindruckender ist aber ihr Inhalt. Sie erzählen von alter und neuer Heimat – von Angst, von Hoffnung, von Krieg, von Abschieden, von Neuanfängen. Mehr als einmal kamen mir die Tränen und ich konnte kaum glauben, dass keiner der Verfasser dieser Gedichte älter als 18 Jahre ist. Es ist mehr als beeindruckend zu sehen, was diese jungen Seelen hier auf’s Papier gezaubert haben.
DER STEPPENWOLF
Hermann Hesse
Der Steppenwolf hat mich sprachlich und inhaltlich überrascht. Die Erzählung von Harry Haller, der halb Mensch, halb Steppenwolf ist, war eine recht außergewöhnliche Leseerfahrung, die ich jedem empfehlen kann.
Noch ein bisschen mehr dazu habe ich hier verfasst: Ein echter Klassiker: Der Steppenwolf (Nur für Verrückte)
THE IMPROBABLE ADVENTURES OF SHERLOCK HOLMES
John Joseph Adams (ed.)
Diese Sammlung von Sherlock Holmes Pastiche Geschichten legt den Fokus auf Abenteuer, die von den gewöhnlichen Fällen des Detektivs abweichen. Denn hier gibt es nicht nur normale Verbrecher, sondern auch Aliens, Dämonen, Zeitreisende und Geister. Holmes ist daher ein ums andere Mal recht verdattert, weil er sein oberstes Gebot (wenn man alle unmöglichen Erklärungen ausschließt, muss die, die übrig bleibt, die richtige sein, auch wenn sie noch so unwahrscheinlich ist) nicht anwenden kann. Denn hier ist nichts unmöglich.
Ich werde an anderer Stelle noch mehr zu dem Buch (und allem anderen, woran ich mich in Sachen Holmes in letzter Zeit gütlich getan habe) berichten. Deshalb sei jetzt mal nur so viel gesagt: Die Sammlung war ganz okay, hält aber nicht immer, was sie verspricht.
LOST FOR WORDS (dt: Der beste Roman des Jahres)
Edward St Aubyn
Ich will euch ja wirklich nicht langweilen, indem ich hier jeden Monat mit den gleichen Gestalten auftauche. Daher seid beruhigt: Ich habe nun fast alle Bücher gelesen, die Edward St Aubyn geschrieben hat. Alle bis auf zwei – aber dann ist Ruhe. Es ist jetzt also das vorvorletzte Mal, dass ich euch erzähle, wie beeindruckt ich von Edward St Aubyns Schreibstil bin. Oder davon, wie er Einblicke in das Innenleben seiner Charaktere gewährt und wie er es schafft, ein nicht übermäßig spannendes Thema so zu verpacken, dass man unbedingt weiterlesen möchte.
In Lost For Words geht es um die Vergabe eines großen, renommierten Literaturpreises. Wir begleiten hier Jury-Mitglieder, Verleger und Autoren in der Zeit zwischen Auswahl, Shortlist und Preisverleihung. Dass die Jury dabei einige Bücher nicht gelesen hat, die auf der Shortlist landen, dass aus Versehen ein Kochbuch unter den Finalisten auftaucht und dass einige der nominierten Autoren ein Verhältnis miteinander haben, macht die Story dabei zwar ein wenig brisanter, aber dennoch stehen hier, wie auch sonst bei St Aubyn, die Charaktere und deren Entwicklung im Fokus.
Böse Zungen behaupten zwar, Edward St Aubyn hätte dieses Buch aus Rache geschrieben, weil er den Man Booker Prize, für den er mit Mother’s Milk nominiert war, nicht gewonnen hat, aber ich persönlich interpretiere das Buch eher als Statement des Autors: Am Ende gibt es Wichtigeres als Auszeichnungen.
Das war’s von mir. Welches Buch hat euch in diesem Monat besonders begeistert? Immer her mit den Lesetipps!