Kurz und knapp: Lesemonat August (…und Juli)

Freunde, was bin ich froh, dass der Sommer nun langsam zu Ende geht. Ihr dürft mich gerne Sommer-Grinch nennen, aber Temperaturen über 30° inner- und außerhalb meiner Wohnung haben mir den letzten Nerv geraubt. Deshalb war ich im Juli überhaupt kein fleißiger Leser. Für die drei kurzen Bücher lohnte sich der Monatsrückblick ja nicht einmal – deshalb werden sie jetzt hier nachgeliefert. Der August sah schon wieder etwas besser aus. Die Temperaturen fallen, die Laune und die Lust am Lesen steigen. Bald schon werden wir uns alle wieder mit unseren Büchern in warme Decken hüllen und heiße Schokolade schlürfen. Jawohl!
Aber nun, ohne weiteres Vorgeplänkel, der Rückblick auf meine Lektüre der letzten beiden Monate.

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— JULI —

THE POSSESSION OF MISTER CAVE
Matt Haig

Obwohl ich Matt Haig zu meinen Lieblingsautoren zähle, wusste ich bis vor kurzem nichts von der Existenz von The Possessions of Mister Cave, das bereits 2008 erschien. Ein schlauer Algorithmus hatte mir das Buch jedoch kürzlich vorgeschlagen und ich konnte nicht widerstehen.

Der kurze Roman erzählt die Geschichte von Mr. Cave, der, nachdem er schon seine Frau und seinen Sohn auf tragische Weise verloren hat, nun mit allen Mitteln versucht, seine Tochter zu beschützen. Diese Fürsorge schlägt jedoch bald in Kontrollzwang um und geht so weit, dass das Mädchen eine Gefangene in ihrem eigenen Zuhause wird.
Es ist ein interessantes und auch sehr reelles Problem, mit dem Matt Haig sich hier beschäftigt, aber für meinen Geschmack hapert es ein wenig an der Umsetzung. Die Geschichte wird gegen Ende hin recht wirr – es wird ständig zwischen den verschiedenen Geisteszuständen des immer wahnsinniger werdenden Mr. Cave hin und her gesprungen. Gleichzeitig ist das drastische Ende aber recht vorhersehbar. Ich liebe Matt Haig. Aber The Possession of Mister Cave ist nicht sein stärkstes Werk.

A MAN OF SOME REPUTE (Der Tote in der Kapelle)
Elizabeth Edmondson

Zu diesem Buch kann und will ich eigentlich gar nicht viel mehr sagen, als dass es ein gutes Beispiel für einen klassisch-britischen Whodunit ist. Elizabeth Edmondsons A Man of Some Repute ist ein solider Krimi – nicht besonders aufregend, aber auch nicht langweilig oder vorhersehbar. Für eine lange Zugfahrt oder einen Nachmittag am Strand genau die richtige Lektüre.

A CLUE TO THE EXIT (Ausweg)
Edward St Aubyn

Es war ja klar, dass der Tag einmal kommen musste…
Nachdem ich euch nun die letzten Monate immer wieder erzählt habe, wie sehr ich Edward St Aubyn liebe, bin ich nun an eines seiner Bücher geraten, das mich wirklich enttäuscht hat.
Es geht darin um einen Drehbuchautoren namens Charlie Fairburn, der an Leberzirrhose leidet und nur noch 6 Monate zu leben hat. Uff – kein leichtes Thema. Diese Zeit will er nutzen, um sein Geld durchzubringen und ein Buch zum Thema „Bewusstsein“ zu schreiben. Allerdings ist genau dieses ‚Buch im Buch‘ das Problem dieses Romans. Denn es ist einfach sterbenslangweilig: Drei verkopfte Menschen diskutieren eine Zufahrt lang über Bewusstsein. Die Passagen, in denen uns Charlie an seinem Schreibprozess teilhaben lässt, sind einfach unerträglich dröge. Ernsthaft – nehmt euch lieber ein Kissen mit, damit euer Kopf nicht auf die Tischplatte knallt. Das, was St Aubyns Geschichten für gewöhnlich ausmacht – Charakterentwicklung und messerscharfe Dialoge – fehlt hier vollkommen. Das einzige Interessante an diesem Roman ist, dass Charlie in seinem Buch Charaktere unterbringt, die wir aus anderen St Aubyn Geschichten kennen. Unter anderem Patrick Melrose, der hier als Alter Ego von Charlie fungiert, ebenfalls an Leberzirrhose leidet und genau wie Charlie nur noch 6 Monate zu leben hat. Hier beginnt man sich nun zu fragen: Leidet St Aubyn auch an dieser Krankheit? Patrick Melrose ist schließlich bekanntermaßen eigentlich sein Alter Ego… Dieser Gedanke beunruhigte mich. Aber selbst wenn es so sein sollte, relativiert das etwas überstürzte Ende des Buches diese Angst ein wenig. Puh.

— AUGUST —

DARK STAR
Oliver Langmead

Dark Star ist ein Buch, das mich sehr beeindruckt hat. Es ist eine Mischung aus Sci-Fi und Krimi und wird in Form eines epischen Gedichts erzählt. Ungewöhnlich und ungewöhnlich gut.

Mehr dazu in der ausführlichen Rezension: Dark Star: Crime Noir als episches Gedicht

DER NASSE FISCH
Volker Kutscher

Der Nasse Fisch ist der erste Teil der Gereon Rath Reihe, deren filmische Umsetzung, Babylon Berlin, geradezu mit Lob überschüttet wurde und mir eigentlich von jedem Menschen, der sie gesehen hat, wärmstens ans Herz gelegt wurde. Bevor ich mich aber der Serie widmen wollte, musste ich erstmal in die Buchvorlage schauen – wie es sich eben für einen Bücherwurm gehört.
Was hier definitiv überzeugt, ist das Setting. Volker Kutscher hat seine Hausaufgaben gemacht – der Roman wirkt hervorragend recherchiert. Gerade als Berliner genießt man den Einblick in die 20er Jahre, wo vieles anders und überraschend wirkt, aber die Schauplätze eben doch sehr vertraut sind. Diese kleine Zeitreise macht Spaß und fesselt.
Allerdings ist die Story an sich recht vorhersehbar. Der Bösewicht macht sich beim aufmerksamen Leser schon auf den ersten 50 Seiten verdächtig – was bei einem Kriminalroman das Lesevergnügen immer etwas trübt. Außerdem konnte ich das Verhalten des Protagonisten, Gereon Rath, stellenweise nicht nachvollziehen. Derartig irrationales und verantwortungsloses Verhalten erwartet man nicht von Ermittlern und schon gar nicht von Angestellten der preußischen Polizei.
Es ist zudem ein recht maskuliner Krimi mit einigen unnötigen Hahnenkämpfen, Testosteron-Ausbrüchen und Erektionen. Das hätte für meinen Geschmack nicht sein müssen. Ich bin daher insgesamt noch unschlüssig, ob ich die Buch-Reihe fortsetzen werde. Die Serie werde ich mir aber auf jeden Fall ansehen, da ich mir sagen lassen habe, dass sie sich teilweise stark von der Vorlage unterscheidet.

LESS (Mr. Weniger)
Andrew Sean Greer

Less ist ein leichtfüßiger Roman mit angenehmer Schreibe und einigen rührenden Szenen, lässt aber Plot- und Charakterentwicklung missen. Am Ende stellte sich mir die Frage: Und was war jetzt der Sinn des Ganzen? Warum dieses Buch mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet wurde, erschließt sich mir daher leider nicht so ganz. Für mich war es eher ein nettes Buch, das man so nebenbei im Sommerurlaub am Strand wegliest.

Mehr dazu hier: Less: Mit Weniger zum Pulitzer Preis

TOUCH (Touch – Dein Leben gehört mir)
Claire North

Geister, die unsere Körper übernehmen und uns Dinge tun lassen, an die wir uns später nicht erinnern werden… Die Grundidee dieses Buches ist gleichermaßen erschreckend wie faszinierend und Claire North‘ Schreibstil tut das Übrige um Touch zu einem gelungenen Roman zu machen.

Meine ausführliche Rezension findet ihr hier: Touch: Zwischen Faszination und Beklemmung

WOMEN IN SCIENCE: 50 FEARLESS PIONEERS WHO CHANGED THE WORLD (Furchtlose Frauen, die nach den Sternen greifen: 50 Porträts faszinierender Wissenschaftlerinnen)
Rachel Ignotofsky

Wahrscheinlich brauche ich zu diesem Buch gar nicht so viel sagen, weil es seit Wochen durch die Bloggosphäre wabert und in beinahe jedem Buchladen auf dem Empfehlungstisch liegt. Und das sicherlich zu Recht! Denn Women in Science ist ein wunderschön gestaltetes Buch, das uns bewusst macht, mit welchen Widrigkeiten sich Frauen in der Gesellschaft im Allgemeinen und der Wissenschaft im Speziellen herumschlagen mussten (und müssen). Jede der 50 vorgestellten Frauen bekommt dabei eine Doppelseite zur Verfügung gestellt – jeweils mit einer hübschen Illustration und einem begleitenden Text, der einen kurzen Überblick über Leben und Arbeit gibt. Die Texte selbst sind einfach geschrieben und eignen sich deshalb auch besonders für jüngere Leser. Mir persönlich wirkten sie teilweise ein wenig zu abgehackt. Nichtsdestotrotz kann ich dieses Buch ohne schlechtes Gewissen empfehlen. Denn die Geschichten dieser Frauen sind eine Inspiration.


Das war’s von mir. Wie lief es bei euch? Hat euch die Hitze auch so auf die Leselust geschlagen?

There are 8 comments

  1. ninakol.

    Hi. Das mit der Hitze und dadurch weniger lesen kann ich total nachvollziehen. Mir war es auch immer zu anstrengend bei der Hitze. Entsprechend wenig kann ich über Bücher zur erzählen. Aber jetzt vor der Buchmesse und den vielen Herbstnovis, wird wunderbar!
    Liebe Grüße
    Nina

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  2. kaisuschreibt

    Beim „Nassen Fisch“ erging es mir ähnlich. Es wurde mir (beides) ans Herz gelegt, vor allem da ich da gerade so eine Vorkriegs – 30er/20er Jahre Phase hatte. Nur leider hat er mich nicht vom Hocker gehaun. Da dir das Setting gefallen hat, ist evtl „Der zweite Reiter“ von der guten Alex Berg etwas für dich?! Diese Reihe find ich bisher sehr gelungen 🙂

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    1. Karo

      Hallihallo! Danke für den Tipp! Das ist direkt mal auf die Lesewunschliste gewandert. Wien könnte auch ein sehr interessantes Pflaster sein – da treibe ich mich sonst eher selten rum. Ich bin gespannt! Vielen Dank 🙂

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  3. jacquysthoughts

    Die 30°C und mehr waren mir auch zu viel, aber bei 20-25 hätten wir von mir aus noch eine Weile bleiben können. So wechselt das Wetter zu schnell von „man kann nichts unternehmen weil es zu heiß ist“ zu „man kann nichts unternehmen weil es zu kalt/regnerisch ist“.
    Dass Matt Haig auch schon früher Bücher veröffentlicht hat, habe ich auch erst vor kurzem gesehen. Schade, dass dich dieses nicht überzeugen konnte. Ich denke, das ist einer der Fälle wo sich der Autor erst noch weiterentwickeln musste um so gute Bücher zu schreiben, wie er es jetzt tut.
    Zu deiner Meinung zu „Less“: Bei mit Preisen ausgezeichneten Büchern frage ich mich leider häufig, womit sie das verdient haben. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ein Buch als literarisch wertvoller gilt, je wirrer es geschrieben ist. 😀

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    1. Karo

      Ja, ich glaube auch, dass sich Matt Haig erst noch selbst als Autor finden musste. Aber das ist ihm ja glücklicherweise absolut gelungen. Seine neueren Bücher konnte mich alle vollkommen verzaubern.

      Haha, ja, manchmal scheint es bei solchen Preisen wichtig zu sein, dass das Buch für einen Normalsterblichen nicht verständlich ist 😀 Bei Less war allerdings irgendwie das Gegenteil der Fall, das war mir beinahe schon eine Spur zu normal. Aber wahrscheinlich war eben genau das die Besonderheit 😀

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