Gelesen im November

Ich weiß, wir alle schielen schon mit einem Auge auf die Weihnachtsgans, die Ende Dezember auf uns wartet, aber ich möchte noch einmal kurz innehalten und einen kurzen Blick zurück in den November werfen.
Was die Lektüre betrifft war der letzte Monat vielleicht der beste des Jahres. Meinen eigenen Geschmack habe ich bei der Bücherauswahl wirklich ausgesprochen gut getroffen – was durchaus nicht immer der Fall ist. Ja okay, auch im November war ein Buch dabei, das mich weniger begeistert hat. Aber der Rest? Gut bis großartig!

Blake Crouch – Dark Matter (Dark Matter – Der Zeitenläufer)

Schon ewig hat mich dieses Buch im Bookshop meines Vertrauens angelacht.  Mindestens dreimal hatte ich es in der Hand und habe es dann doch wieder zurück ins Regal gestellt. Bis ich dann irgendwann mal die Widmung gelesen habe: „For anyone who has wondered what their life might look like at the end of the road not taken.“
Naaaa? Wer hat Lust auf eine existentielle Krise?
Offenbar ich.

Wir begleiten hier den Physiker Jason Dessen, der sich plötzlich in einer Welt wiederfindet, in der er seine Frau nie geheiratet hat und in der sein Sohn nicht existiert. Dafür steht seine wissenschaftliche Karriere im Zenit. Wobei das beinahe eine Untertreibung ist, denn der Jason Dessen in diesem Universum hat Reisen in Paralleluniversen möglich gemacht. Praktisch, denn dadurch hat unser Jason Dessen nun zumindest theoretisch die Möglichkeit, in seine eigene Welt, sein Universum und zur Liebe seines Lebens zurückzukehren. Doch in Anbetracht der Unendlichkeit des Multiversums scheint dies eine beinahe unlösbare Aufgabe zu sein. Insbesondere wenn einem dafür nur eine endliche Anzahl an Versuchen zur Verfügung steht…

Das Konzept des Multiversums ist zwar nicht neu, aber der Gedanke fasziniert und gruselt mich immer wieder. Spätestens beim Lesen dieses Buches wird man nicht umhin kommen, sich die Was-wäre-gewesen-wenn-Frage (wieder einmal) selbst zu stellen.
Davon abgesehen ist Dark Matter im Grunde aber eine Liebesgeschichte. Die gehörige Portion Sci-Fi sorgt nur dafür, dass sie auch Menschen wie mir gefällt, die mit Liebesromanen für gewöhnlich wenig anfangen können.
Anfangs gewöhnungsbedürftig war für mich allerdings Crouchs Schreibstil. Denn man stößt häufig auf Absätze wie diesen:
Satzbau. Parataktisch.
Manchmal gar kein Satz.
Nur ein Wort.
Kurz.
Prägnant.
Kann man mögen.
Muss man aber nicht.
Ich find’s ganz okay.
Mittlerweile.

Steven Rowley – Lily and the Octopus (Lily und der Oktopus)

Es ist nicht so, dass ich heulen zu meinen Hobbies zählen würde, aber von Zeit zu Zeit habe ich Lust auf ein Buch, bei dem ich ein paar Tränen verdrücken kann. Lily and the Octopus – die Geschichte über einen Mann und seine sterbende Hündin – versprach dieses Kriterium zu erfüllen.

Aber Pustekuchen!

Um die Wahrheit zu sagen, war ich eher etwas genervt von einer Story, die eigentlich weniger die Beziehung zwischen Mensch und Hund thematisiert,  sondern die Probleme des relativ unsympathischen Protagonisten mit sich selbst.
Hinzu kommt die unendliche Ausdehnung einer Metapher (Betrifft: Oktopus), die ich eigentlich nach 10 Seiten schon albern fand. Leider nicht mein Ding.

Anthony Horowitz – The House of Silk (Das Geheimnis des weißen Bandes)

Zwar hat Sir Arthur Conan Doyle im Laufe seines Lebens einige – um genau zu sein 60 – Sherlock Holmes Geschichten geschrieben. Aber für mich, als bekennenden Sherlockianer, sind es immer noch nicht genug.
Wie gut, dass es Menschen wie Anthony Horowitz gibt, die neue Geschichten mit und über meinen Lieblingsdetektiv schreiben. Und wir sprechen hier keineswegs von einem billigen Abklatsch. Nein, nein, The House of Silk war für mich eine dieser Geschichten, von der man sich wünscht, sie würde nicht enden. Denn obwohl des Rätsels Lösung hier teilweise recht vorhersehbar war (oder vielleicht haben sich meine Deduktionsfähigkeiten durch das exzessive Lesen von Holmes Geschichten auch einfach extrem verbessert) fühlt sich dieses Buch an, wie das Wiedersehen mit einem alten Freund. Horowitz imitiert Doyles Schreibstil nicht perfekt, aber es gelingt ihm wunderbar, den Geist der Geschichten, mitsamt der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen Holmes und Watson, einzufangen. Bitte mehr davon!

J.K. Rowling – Fantastic Beasts and Where to Find Them: The Original Screenplay (Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind: Das Originaldrehbuch) 

Zum Film habe ich mich ja bereits geäußert, deshalb brauche ich nicht noch einmal auf die zauberhafte Story, den Witz, und die tollen Charaktere einzugehen. Oder darauf, dass ich ein bisschen in Newt Scamander und seinen Niffler verliebt bin.

Stattdessen möchte ich nur noch kurz die wunderschöne Aufmachung dieses Drehbuchs hervorheben. Der Einband macht mit seinem tiefen Blau und den goldenen Lettern wirklich was her und ist beinahe zu schön um im Bücherregal zu verschwinden. Ein echtes Schmuckstück! Prädikat: A-M-A-Z-I-N-G!

John Corey Whaley – Highly Illogical Behaviour (Deutscher Titel noch unbekannt)

Im Fokus dieser Geschichte steht Solomon Reed. Sympathisch, witzig, intelligent und ein ganz normaler Teenager, wenn man einmal davon absieht, dass er sein Haus wegen einer ausgeprägten Agoraphobie und Panikstörung seit 3 Jahren nicht mehr verlassen hat.
Auch nicht ganz  so ’normal‘ ist die ehrgeizige Lisa, die es sich in den Kopf gesetzt hat, den Jungen zu therapieren um sich damit einen Psychologie-Studienplatz zu sichern. Es versteht sich von selbst, dass der ‚Patient‘ nichts von dieser Therapie erfahren darf. Im ersten Schritt muss Lisa deshalb Freundschaft mit Solomon schließen um so sein Vertrauen zu gewinnen und ihn unauffällig beobachten zu können. Ein Plan, von dem man auch ohne hellseherische Fähigkeiten erahnt, dass er irgendwann gewaltig nach hinten losgehen könnte. Mal davon abgesehen, dass man als Leser ständig den Drang verspürt zu fragen:“Sag mal Mädel, geht’s noch?“
Lisas (fester) Freund Clark ist auch nicht gerade begeistert von diesem Experiment. Dennoch wird auch er sich mit Sol anfreunden. Allerdings nicht aus wissenschaftlichem Interesse, sondern weil Solomon der Freund ist, den Clark sein ganzes Leben lang gesucht hat.
Riecht ihr das Drama? Klar, riecht ihr es!

Ich hatte im Vorfeld nicht allzu viel von diesem Buch erwartet, abgesehen von einer soliden Coming of Age Geschichte, die mir als gemütliche Bahn- oder Bettlektüre dienen würde.
Doch Überraschungen gibt es immer wieder und so las ich plötzlich bis 3 Uhr morgens, weil mich die Geschichte, die Charaktere, und Solomons Welt so mitgerissen hatten, dass Schlaf irgendwie keine Option war. Ich habe selten mit einer Figur so mitgefiebert -gelitten und -gefühlt wie mit Solomon. Selbst nachdem ich das Buch in den frühen Morgenstunden schließlich ausgelesen hatte, hallte die Begeisterung für diese wunderbare Geschichte noch einige Zeit nach – wie 3 doppelte Espresso. Aber wer braucht schon Schlaf wenn er gute Geschichten haben kann?

Charles Dickens – A Christmas Carol (Eine Weihnachtsgeschichte)

Weihnachten ohne Dickens? Humbug!
Obwohl ich die Geschichte von Scrooge und den Geistern der vergangenen, der derzeitigen und der zukünftigen Weihnacht gefühlt schon 100 Mal gelesen habe, schafft sie es immer wieder aufs Neue mich zu verzaubern und zu Tränen zu rühren. Für mich ist A Christmas Carol deshalb nicht nur die schönste Weihnachtsgeschichte sondern auch eine der besten Geschichten überhaupt.
Weil ich das Buch nun jedes Jahr lese, habe ich mich in diesem Jahr entschieden, in ein ledergebundenes Exemplar von Barnes & Noble zu investieren. Man darf sich auch mal etwas gönnen. So freue ich mich umso mehr auf das Wiedersehen im nächsten Jahr.
Bis dahin: Merry Christmas!

 

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